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Sonntag, 8. Januar 2023

Sieben

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Mit Sieben (1995) lieferte der Musikvideo- und Werbefilm-Regisseur David Fincher nach Alien 3 (1992) sein zweites Leinwandwerk ab. In dem Psycho-Thriller geht es zwar nicht um ein fieses, außerirdisches Monster, jedoch ist die Atmosphäre ähnlich finster und klaustrophobisch wie in seinem Debütfilm. Ständig regnet es, die Innenräume von Gebäuden sind dunkel und meist nur schwach ausgeleuchtet.

In einer nicht näher definierten, us-amerikanischen Großstadt der Gegenwart treibt ein Serienkiller sein Unwesen, der sich bei seinem Vorgehen strikt an die biblischen, sieben Todsünden hält: Maßlosigkeit, Habsucht, Trägheit, Hochmut, Wollust, Zorn und Wut. Der Polizei unter der Leitung der beiden Detectives Somerset (Morgan Freeman) und Mills (Brad Pitt) scheint der Psychopath immer einen Schritt voraus zu sein. Mit einer beängstigenden Präzision führt er gleichsam Ordnungshüter und Zuschauer an der Nase herum, seine Identität wird erst zum Schluss preisgegeben. Er ist es, der die Kontrolle über seine Handlungen behält, und er ist es auch, der den Ausgang dieser Kriminalgeschichte bestimmt.

Regisseur Fincher zeigt hier sein großartiges, filmisches Gespür für Geschichten - jemand, der sein Handwerk beherrscht, obwohl er nie eine Filmhochschule besuchte. Er liefert mit Sieben ein brilliantes Neo-Noir-Werk ab, das düsterer kaum hätte werden können. Schon die Titel-Sequenz mit verwackelten, fragmentarischen Bildern lässt erahnen, dass hier kein Wohlfühl-Film ablaufen wird. Als Zuseher kommt man sich zusehends vor, wie in einer kurz vor der Apokalypse stehenden Welt, einer Art Vorhölle. Morde, Korruption und Prostitution sind an der Tagesordnung. Die Gesellschaft ist apathisch und verroht, eine Besserung der Verhältnisse scheint nicht in Sicht. So ähnlich sieht es auch Detective Somerset, der amtsmüde seiner Pensionierung entgegenfiebert, wären da nicht noch die vorliegenden Morde zu klären. Zu allem Überfluss wird ihm auch noch der junge Heißsporn Mills zugeteilt, der lieber zuerst schießt, bevor er nachdenkt.  Mills ist im Gegensatz zu seinem älteren Kollegen der Meinung, die Welt noch verbessern zu können, außerdem hat er eine nette Ehefrau namens Tracy (Gwyneth Paltrow), für die es sich noch zu kämpfen lohnt.

Die längere Berufserfahrung und sein Intellekt bringen jedoch den Protagonisten Somerset schnell auf die Idee mit den sieben Todsünden, außerdem hinterläßt der Täter absichtlich Hinweise darauf durch diverse Zitate aus bekannter Literatur. Allerdings sind die Zuschauer ähnlich machtlos wie die beiden Detectives im Film aufgrund der Genialität des Mörders, der sein zerstörerisches Werk gnadenlos durchzieht. Dabei spielt die Zahl Sieben ständig eine wichtige Rolle in seinem perfiden Treiben: Sieben Todsünden werden in sieben Tagen an sieben entsprechend ausgewählten Opfern gesühnt.

Meines Erachtens ein Meisterwerk des Thrillers und einer der besten Streifen der letzten Jahrzehnte. Das lag auch an dem guten Schauspieler-Ensemble, allen voran Kevin Spacey als John Doe und Morgan Freeman als William Somerset, die sich im Film als intellektuell und weltanschaulich Gleichgesinnte gegenüberstehen. Brad Pitt fällt da in seiner Darstellung als herumzappelnder, impulsiver Detective etwas ab. Paltrows Nebenrolle als Tracey, die sich einsam und verloren in der Großstadt fühlt, ist durchaus solide und glaubwürdig. Das Skript ist superb und wagemutig, wenn auch - einer Hollywood-Produktion gerecht - an manchen Stellen nicht immer ganz logisch bzw. zu konstruiert. Doch die atemberaubende, stilbildende Kameraarbeit von Darius Khondji und der oscarnominierte Schnitt von Richard Francis-Bruce, sowie natürlich Finchers kluges Gespür für Spannung, Charakter und Atmosphäre gleichen das mehr als aus.

Ein wirklich sehenswerter Thriller aus den 90ern! 8 von 10 möglichen Sternen: ⭐⭐⭐⭐⭐⭐⭐⭐✰✰

Daten zum Film: 
Sieben (OT: Se7en) Spielfilm, USA 1995. 127 Minuten. FSK: 16. Produktion: New Line Cinema. Darsteller: Kevin Spacey, Morgan Freeman, Brad Pitt, Gwyneth Paltrow, R. Lee Ermey, Richard Schiff, Richard Roundtree u.a. Musik: Howard Shore. Regie: David Fincher.
 

 

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