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Samstag, 14. Januar 2023

Das letzte Land

 

 
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Es geht ja doch! Endlich mal ein Science-Fiction-Film aus deutscher Produktion, weit ab von irgendwelchen Mainstream-Streifen. Leider ist die Branche hierzulande zu sehr beschränkt auf Blödelkomödien, in denen immer die gleichen Leute mitspielen oder es wird irgendwie rein politisch. Grausig! 
Eine wohltuende Ausnahme bietet hier nun Regisseur und Drehbuchautor Marcel Barion, der mit einem sehr geringem Budget auskommen musste. Das meiste Geld stammte aus einer Crowdfunding-Kampagne, da sich höchstwahrscheinlich die ganzen Filmförderanstalten hier beschämenderweise herausgehalten haben. Die Herstellung des Films zog sich schließlich über 6 Jahre hin.
 
Im Zentrum der Geschichte stehen Adem (Torben Föllmer) und Novak (Milan Pešl), die sich in einem nicht näher definiertem Sonnensystem einer fernen Zukunft aufhalten. Die Menschheit hat offenbar längst andere Planeten besiedelt und die vermutlich zerstörte Erde ist fast schon in Vergessenheit geraten.
Adem ist gerade aus einem Gefängnis ausgebrochen und stößt auf seiner Flucht zufällig auf ein Raumschiff-Wrack, das aber noch funktionstüchtig zu sein scheint. Was mit der Besatzung passiert ist, bleibt offen. Auf den Fersen ist ihm Gefängniswärter Novak, der ihn schließlich aufspürt. Es stellt sich aber bald heraus, dass beide das gleiche Ziel verfolgen: Flucht von dem öden Wüstenplaneten, auf dem ständig Sandstürme toben und eine neue Heimat finden. Während Adem eine Zahlenkombination entdeckt, die wahrscheinlich den Kurs zur Erde bedeuten könnte, will Novak einem mysteriösen Funksignal nachgehen, das sie genau in entgegengesetzte Richtung führt. Konflikte sind von jetzt an vorprogrammiert!

Dass die sogenannte "No-Budget"-Produktion insgesamt nur 20.000 Euro zur Verfügung hatte, merkt man ihr zumindest optisch nicht an. Schon eher, wenn man mehr ins Detail geht und gezwungenermaßen Vergleiche mit den gewohnt teuren Hollywood-Blockbustern anstellt, die regelmäßig mehrere 100 Millionen Dollar verschlingen. 
Bei Das letzte Land gibt es beispielsweise keine aufwendigen CGI-Effekte, Filmset und Raumschiffmodelle wurden noch in echter Handarbeit erstellt. Großes Lob dafür! Die Miniaturen der Planetenoberflächen bestanden aus Gips, Styropor und beleuchteten Aufnahmen von Pfannkuchen. Weltraumszenen wurden standesgemäß vor einem Greenscreen gedreht. Kosmische Sternenhaufen und Staubnebel hat man mithilfe von Kerzenrauch-Standbildern und Speisestärke auf schwarzem Glas dargestellt. Das nenne ich kreative Improvisation  und erinnert ein bisschen an die 1960er-Serie Raumpatrouille Orion mit dem bekannten Bügeleisen auf dem Schaltpult.
Des Weiteren gibt es auch keine großartigen Explosionen, Laserfeuergefechte, Weltraumschlachten oder fiese Aliens. Wer so etwas erwartet, der wird hier enttäuscht sein.
Am deulichsten merkt man die Limitierung bei der Darsteller-Riege, die auf genau 3 Personen kommt. Neben Adem und Novak ist da nur noch Gefängniswärter-Kollege Galgo (Vincenz Türpe), den man aber nicht zu Gesicht bekommt, nur dessen Stimme über Funk hört.
 
Der Independent-Streifen besticht vielmehr durch seine ruhige, klaustrophobische Atmosphäre. Ungefähr 90 Prozent der Handlung finden in dem kleinen, klobigen Raumschiff statt. Im Mittelpunkt stehen die beiden Charaktere, die sich auf eine Odyssee begeben, um eine bessere Heimat zu finden. Dabei liefern die beiden Darsteller ein gutes Kammerspiel ab und man merkt, dass die Zwei vom Theater kommen und hier ihr Können unter Beweis stellen.
Durch die Enge des Schiffs, die gute Kamera-Arbeit (mit einigen Nahaufnahmen), der Bildbearbeitung (Color-Grading) und im Speziellen durch das tolle Sound-Design wird eine unheimliche Umgebung geschaffen. Parallelen zu 2001: Odyssee im Weltraum sind hier durchaus angebracht, vor allem, wenn man dort an das Sirenengeheule denkt. Manch andere Kritiker stellten auch Ähnlichkeiten zu Das Boot fest.
Der Innenraum des Schiffs ist dann auch eines der Highlights. Dieser wartet mit einem Retro-Look auf, überall ist es schmutzig, Platinen und Kabel quillen an manchen Stellen heraus und man zieht sofort Vergleiche mit dem Weltraumfrachter Nostromo aus dem ersten Alien-Film. Lichter blinken, Computerbildschirme mit grüner Schrift erinnern an alte 80er Jahre-PCs und es werden einige Dinge aus dem Alltag benutzt, wie zum Beispiel eine Taschenlampe oder ein Flachmann mit hochprozentigem Alkohol.

Das letzte Land erhielt zurecht einige Auszeichnungen auf nationalen wie internationalen Filmfestivals. Ein paar seien hier mal aufgezählt:
 
- Berlin Independent Film Festival (02/2019)
  BEST SCI FI / HORROR FEATURE
 
- SciFi Film Festival (09/2019 / Australien)
  BEST FEATURE FILM
 
- Miami International Science Fiction Film Festival (04/2020, Florida, USA)
  BEST SCI-FI FEATURE RUNNER UP
  BEST CINEMATOGRAPHY FEATURE
  BEST SET DESIGN
  BEST PRACTICAL EFFECTS etc.
 
Der Film ist von 2019, kam aber erst 2021 in ausgewählte deutsche Kinos. Auf dem us-amerikanischen Markt lautet der Filmverleihtitel The Final Land bzw. The Final Voyage. Er ist auf Blu-Ray und DVD erhältlich, außerdem gibt es eine 4-Disc-Collector´s Edition auf dem Rocket Beans-Shop: https://t1p.de/slsg5. Die zertifizierte Altersfreigabe ist 12, bei DVD und Blu-Ray liegt sie bei 16 Jahren.
 
Eine ambitionierte Independent-Sci-Fi-Produktion, der man das geringe Budget nicht ansieht. Note: "Gut"! 7 von 10 möglichen Sternen: ⭐⭐⭐⭐⭐⭐⭐✰✰✰


Daten zum Film:
Spielfilm, BRD 2019, ca. 113 Min., FSK: 12/16. Darsteller: Torben Föllmer, Vincenz Türpe, Milan Pešl. Drehbuch: Marcel Barion. Musik: Oliver Kranz, Marcel Barion. Kamera: Marcel Barion. Produktion/Vertrieb: Philipp Bojahr, Massimo Müller, Marcel Barion / Indeed Film. Regie: Marcel Barion.